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Brigitte Zypries
Bundesministerin der Justiz
Mohrenstrasse 37
10117 Berlin

Nassau, 21.05.2004


Ihre Haltung zur Kinderpornografie

Sehr geehrte Frau Zypries,

mit tiefster Enttäuschung haben wir zur Kenntnis genommen, dass Sie nicht die Größe hatten, sich wegen Ihres Interviews, bei dem Sie den Besitz von Kinderpornografie und damit indirekt das lebenslange Leiden von Kindern mit dem Besitz von Drogen verglichen, und als „nicht so strafwürdig“ bezeichneten, zu entschuldigen.

Über Ihr unpersönlich wirkendes Schreiben an Herrn Graner und an andere , die Ihrer Empörung Ausdruck verliehen, waren viele Menschen noch verärgerter als über die Worte in dem Interview.
Es wurde, trotz aller ausweichenden Beschwichtigungen, auf jeden Fall die erwartete Entschuldigung vermisst.

Sie wissen natürlich, dass es den Strafverfolgungsbehörden in der Regel unmöglich ist, die Verbreitung von Kinderpornografie ohne den in Deutschland höchst umstrittenen Einsatz von V-Leuten nachzuweisen, da die Beamten immer nur Computer mit Kinderpornografie vorfinden, aber keine Protokolle, was denn in der Vergangenheit mit diesem Material passiert ist, beispielsweise die Verbreitung über Internet- Tauschbörsen.
Und Sie wissen auch, dass an in der Praxis nachweisbaren Tatbeständen des §184b meist nur der Besitz von Kinderpornografie übrig bleibt, der nicht mit einer Mindest- Haftstrafe belegt ist.

Unserer Ansicht nach wäre es Ihre Aufgabe, für Rechtssicherheit zu sorgen.
Es kann aber nicht angehen, dass es möglich ist, mir eine E-Mail mit einem Kinderporno- Bild zu schicken, mich dann anzuzeigen und dann zuzuschauen, wie ich dann unter Umständen zu 2 Jahren Haft verurteilt werde, nur weil ein Richter evtl. meint, ein Exempel statuieren zu müssen.

Das andere Extrem wäre ein Pädophiler, der den Missbrauch von unzähligen Kindern in Auftrag gab, indem er immer wieder Bilder von neuen Missbrauchs- Taten bei seinen Lieferanten bestellte und diese Bilder dann zu tausenden sammelt.
Dieser kann dann aber auf einen Richter treffen, der ihn, aus welchen Gründen auch immer, lediglich mit einer Geldstrafe von 50 Euro belegt .

Ein anderer schwerer Schwachpunkt ist §176a Abs. 2, Punkt 3, der davon ausgeht, dass es Missbrauch gibt, der nicht die Gefahr von schweren seelischen Schäden nach sich zieht. Sie überlassen hier dem Richter auszuschließen, dass das Kind später seelische Schäden davontragen wird.
Einmal abgesehen davon, dass kaum ein Richter kompetent ist, so etwas zu entscheiden, sind sich Fachleute auf diesem Gebiet einig, dass diese Gefahr niemals ausgeschlossen werden kann, auch wenn die Folgeschäden vielleicht erst nach 30 Jahren zuzuordnen sind, was wir hier bei Schotterblume ständig erleben.

Der einzig erkennbare Un-Sinn dieses Punktes 3 ist es also, Täter ungerechtfertigter Weise vor Strafe zu schützen und neue Skandal- Urteile zu erzeugen.
Unserer Ansicht müssten die Absätze 1 bis 3 komplett entfallen und eine Mindeststrafe von 2 Jahren verhängt werden.

Sie erkennen möglicherweise ebenfalls, dass die Gesetzesänderungen, obwohl ein Schritt in die richtige Richtung, höchst unvollkommen sind und werden auch verstehen, dass wir nicht in Jubel ausbrechen.

Wir hoffen, dass Sie Ihre eingeschlagene Richtung auf dieses Interview zu reagieren im Nachhinein revidieren, nun doch noch eine glaubwürdige, klare Stellung beziehen und sich bei den von Ihnen verletzten Opfern von sexuellem Missbrauch entschuldigen.
Weiterhin hoffen wir auf eine gewissenhafte Überarbeitung der Gesetze.

Dass es tausende von Menschen gibt, die das genauso sehen, können Sie an den beiliegenden Namen von Menschen ersehen, die sich unserem Protest angeschlossen und sich auf unserer Homepage eingetragen haben.

Gruß


Dagmar Minor
Vorsitzende
E. Blos
2. Vorsitzender